Papst Benedikt XVI.

"Die Kirche ist jung"

Benedikt XVI. geht der Ruf voraus, dass er bei aller Kontinuität nicht den Stil seines Vorgängers eins zu eins kopieren, sondern manches anders machen will. Dennoch bestätigte er spontan die Reise nach Köln und unterstrich grundsätzlich seine Wertschätzung für die Jugend: "Die Kirche ist jung", sagte er bei einer ersten Begegnung mit Landsleuten. Die Jugend denke nicht nur an Konsum und Genuss, sie sei nicht materialistisch und egoistisch. "Das Gegenteil ist wahr: Die Jugend will das Große" - und das Gute. Sie sei gegen Unrecht, Ungleichheit, Unterdrückung und für Freiheit. "Und sie ist auch wieder ganz offen für Christus."

Der erste Papst aus Deutschland seit 482 Jahren schafft so Kontinuität. Und offenbar gerade deshalb haben die Kardinäle den 78-jährigen Theologen Joseph Ratzinger im Konklave gewählt. Fast ein Vierteljahrhundert lang war er der engste Mitarbeiter von Johannes Paul II. Als Präfekt der Glaubenskongregation bestimmte der frühere Erzbischof von München und Freising die theologische Linie des Pontifikats mit. Als Kardinaldekan führte er nach dem Tod des Wojtyla-Papstes die Kirche durch die Sedisvakanz - und festigte damit seine herausragende Position unter den Kardinälen. Zudem überraschte der nüchterne Intellektuelle durch seine einfühlsamen Totenpredigten auf Johannes Paul II.

Sein bisheriges Leben und Wirken

Benedikt XVI. alias Joseph Ratzinger wurde am 16. April 1927 als Sohn eines Polizei-Beamten in Marktl am Inn in der Diözese Passau geboren. 1951 empfing er die Priesterweihe. Mit 26 Jahren wurde er Dozent für Dogmatik und Fundamentaltheologie in Freising. Beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) fungierte Ratzinger als theologischer Berater des Kölner Kardinals Josef Frings. Dann lehrte er in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg. 1977 berief Papst Paul VI. ihn als Nachfolger von Kardinal Julius Döpfner zum Erzbischof von München und Freising. Wenige Wochen später erhielt er bei einem "Extra-Konsistorium" in Rom den Kardinalspurpur.

1981 betraute Johannes Paul II. ihn dann mit der Leitung der Glaubenskongregation. In dieser Funktion wurde der brillante Theologe rasch zu einer der anerkanntesten Persönlichkeiten am Vatikan. Unter seiner Ägide erschien der neue Katechismus der katholischen Kirche. Für Aufsehen sorgte in diesen Jahren die Auseinandersetzung mit der Befreiungstheologie. Hier unterschied Ratzinger scharf zwischen Strömungen, die mit der Glaubenslehre der Kirche vereinbar sind, und solchen, die es nicht sind.

Aber auch zu vielen anderen Fragen und Bereichen der Glaubens- und Sittenlehre stellte Ratzingers Behörde dar, was Lehre der Kirche ist und wo die Grenzen liegen - und dass demokratische Kriterien nicht ohne weiteres auf Glaubens- und Kirchenfragen anwendbar seien. Für manche Verlautbarung erntete der Kardinal auch persönliche Anfeindungen. Allerdings zog niemand die Reputation des Kardinalpräfekten in Zweifel. Bewunderer wie Kritiker würdigen Ratzingers scharfen Intellekt, seine klaren Analysen, seine geschliffene Sprache und seinen weiten theologischen Horizont.

Für weltweite Debatten sorgte 2000 die von Ratzinger verfasste Erklärung "Dominus Iesus", in der er die Einzigartigkeit der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und die besondere Stellung der katholischen Kirche betonte. Nicht nur als Kurienkardinal, sondern auch als Theologe hat Ratzinger weiter publiziert. In Büchern, Interviews und Studien legte er scharfsinnige Analysen zum Zustand von Kirche und Gesellschaft vor, die in ihrer Offenheit nicht allen gefielen - und nicht nur gefallen wollten. Wiederholt beklagte der neue Papst den Verlust des Heiligen etwa in der Liturgie oder der Kirchenarchitektur.

Ausdrücklich warnte Ratzinger auch vor einer undifferenzierten Konzils-Euphorie, zeigte wenig Sympathie für den Ruf nach einem Dritten Vatikanischen Konzil: Das Zweite sei längst noch nicht aufgearbeitet und umgesetzt. Auch in seiner jüngsten Meditation zum Karfreitag, die er acht Tage vor dem Tod seines Vorgängers am römischen Kolosseum hielt, schlug Ratzinger unmissverständliche Töne an. Er sprach von Priestern, die das Wort Gottes verdrehten und missbrauchten. Er beklagte, dass in vielen Theorien wenig Glaube sei. Dass die Kirche ein sinkendes Boot sei, dass es in ihr "viel Schmutz" gebe und dass auch im Klerus Hochmut und Selbstherrlichkeit vorherrschten.

Ratzinger ist wohl kaum deshalb an die Kirchenspitze gewählt worden, weil er Deutscher ist. Er ist ein römischer Papst aus Deutschland. Er pflegt die Verbindung zu seiner bayerischen Heimat, allerdings hat er in seiner Zeit als Kurien-Präfekt die Enge nationaler Grenzen hinter sich gelassen.

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